Die Rückkehr in den Körper
Empfindungen verbalisieren
Der Kern jeder Traumaheilung ist die Rückkehr in den Körper
Mit den Körperempfindungen treten die nichtverarbeiteten Gefühle, Bilder und Gedanken zunächst gleichzeitig ins Bewustsein. Diese Verkoppelung muss gelöst werden. Körperempfindungen sind immer hier jetzt. Das was parallel erscheint an belastendem Material gehört in die Vergangenheit, wird aber zunächst ebenfalls als aktuell erlebt.
Die Wahrnehmung von Körperempfindungen ist eng verknüpft mit dem Hirnstamm, dem ältesten Teil des Gehirns, da wo die Traumatisierung gespeichert ist. Daher wird über die Wahrnehmung von Körperempfindungen zunächst auch Traumamaterial aktiviert. Die Entkopplung erfolgt im Wesentlichen durch langsames und vorsichtiges Vorgehen, Nichtidentifikation mit diesem Traumamaterial und Verbalisierung der Körperempfindungen.
Ganz wichtig ist es tatsächlich, diese Empfindungen zu verbalisieren. Der Grund dafür ist, dass auf Ebene des Hirnstamms keine Sprache möglich ist, dieser Teil ist für Überlebensfunktionen zuständig. Das Sprachzentrum (Broca-Areal) befindet sich viel höher, im Neocortex. Durch die Ausformulierung kommt es zu einer Zunahme von Kohärenz zwischen den Hirnregionen, da sowohl der Hirnstamm als auch der Neocortex beteiligt sind.
(Trauma führte zu Inkohärenz, die Hirnregionen arbeiten nicht mehr so zusammen wie vor dem Trauma, sondern wurden um zu überleben bis zu einem gewissen Grad voneinander entkoppelt.)
Konkret kann das so aussehen, dass ich mit geschlossenen Augen meinen Körper wahrnehme und schaue welcher Bereich ganz von alleine in den Vordergrund rückt. Das könnte z.B. eine Spannung im Bauch sein. Dann nehme ich diese Spannung nur wahr ohne etwas daran verändern zu wollen und spreche es tatsächlich auch aus: „Jetzt spüre ich in meinem Bauch eine Verspannung,…“, ruhig ausführlich beschreiben, sodass die Körperwahrnehmungen und deren Versprachlichung gleichzeitig da sein dürfen.
Wenn Bilder, Gefühle oder Erinnerungen erscheinen geht es darum diese zwar zuzulassen, sich aber nicht weiter damit zu beschäftigen, sondern immer wieder zu den Körperempfindungen zurückzukehren.
Sollte die Aktivierung zu stark werden, bricht man den Prozess ab und orientiert sich wieder mit offenen Augen im Raum, bewegt den Körper. Ist weitere Stabilisierung notwendig, kann man sich einer intensiven geistigen Tätigkeit zuwenden, z.B. Computerspielen, etwas Auswendiglernen, usw.. Idealerweise macht man das ganze natürlich in Begleitung, statt alleine.
Diese Annäherung an die Körperempfindungen führt nach und nach zur Entkoppelung der aktuellen Körperwahrnehmungen von den Traumaerinnerungen und somit zum Ankommen des gesamten Nervensystems in der aktuellen Zeit und dem aktuellen Aufenthaltsort.
Die Lebensbedrohung ist vorüber und jetzt hier BIN ICH im Vollbesitz meiner ganzen Kraft und Gestaltungsfähigkeit.