Praktischer Umgang mit Wut und Hass
Ein wichtiger Schritt im Heilungsprozess
Der praktische Umgang mit Wut wird früher oder später immer Thema: wenn die Wut hochkommt, die aufgestaut wurde seit der Kindheit. Wir müssen an diese Wut, an diesen Hass dran, sonst kann die Lebensenergie nicht frei fließen; die Wut in nicht-zerstörerischer Art und Weise kanalisieren statt sie auszuagieren…
Zwei Ebenen sind zu unterscheiden
Unsere Beziehungen und Verbindungen, die wir fördern, entfalten und entwickeln wollen. Andererseits Situationen, wenn wir angegriffen werden, in denen wir uns wehren, radikal abgrenzen und uns schützen müssen. Die Meisten haben damit zu kämpfen, wenn Wut in der Beziehung zum Vorschein kommt – so wie Wut in der Kindheit auch in Beziehung entstanden ist, aber nicht gelebt und ausgedrückt werden konnte und unterdrückt wurde. Je näher man sich kommt, eine wirkliche Begegnung stattfindet, muss zwangsläufig diese Wut – alles was nicht gelöst ist – hochkommen.
Vier Möglichkeiten mit Wut umzugehen
Wir können die Wut unterdrücken wie früher und so tun als wär sie nicht da, mit Verspannungen im Körper und allen möglichen Folgeerscheinungen für uns selber das Zerstörerischste. Dadurch verlieren wir die Verbindung zum Gegenüber, weil wir uns selbst wegdrücken.
Zweite Variante, die Wut ausagieren und den Anderen verletzen. Aus Sicht des eigenen Organismus ist das gesünder in Richtung Heilung, aber wir zerstören das Gegenüber – dann ist der Andere weg, haben wir wieder die Verbindung verloren.
Dritte Variante, die Spirituellen, versuchen damit zu sein und es in sich zu transformieren. Ab einem bestimmten Grad von Integration kann man so arbeiten, allerdings wieder ohne Verbindung, jeder für sich. Solche frühkindliche Aktivierung von Wut in sich alleine halten ist unendlich qualvoll und gegen die Natur unseres Nervensystems.
Die vierte Möglichkeit als wirkliche Lösung
Viel einfacher. Komme ich in einer Beziehung an diese Wut dran: Zeichen von Lebensenergie, Zeichen für den Beginn von Heilung! Ist die Wut so massiv und explosiv, dass ich nichts Sinnvolles machen kann, gehe ich aus der Situation raus, in einen Raum, wo ich rumbrüllen, durchdrehen, auf ein Kissen, Sofa o.ä. einschlagen kann – dabei bewusst bleibe, was ich tue und nichts zerstöre. Wichtig ist noch: nicht auf mich drauf hauen, sondern immer nach Außen, wohin wo es keinen Schaden anrichtet. Bis Traurigkeit kommt, Erleichterung. Dann wieder zurückgehen….
Oder im Wald Rennen und Schreien; Sport machen. Besser ist aber, Wut über Körperaktivität *und* über die Stimme zum Ausdruck bringen: Schreien, Treten, Boxen gegen Sandsack usw.
So wird von der Ladung, diesem hohen Druck etwas abgebaut. Wird die Wut wieder aktiviert, wird es nicht mehr so explosiv sein. Irgendwann der Punkt, wo ich die Kontrolle über mich nicht mehr verliere – dann MICH mit dieser Wut mitteilen, ganz neutral: Ich bin wütend. Ich hasse Dich im Moment. Ich bin stinksauer auf Dich. Das ohne Ladung sagen – ohne Angriffe und Vorwürfe auf den Anderen und ohne Einfärben meiner Stimme – ganz von mir aus sprechen. Das richtet keinen Schaden an, da kommt nichts Negatives beim Partner an. Daraufhin kann der Partner mitteilen, was das mit ihm macht, auch wiederum nur von SICH.
Wenn diese Mitteilung von mir auf der anderen Seite wirklich gehört wird, ist diese sofort entschärft. Das Mitteilen des Zustandes löst es sofort auf, wenn es gehört wird – das ist, was der Organismus eigentlich wollte als Kind, was aber das Umfeld nicht hören konnte. Heute als Erwachsener … kommt es sofort zu einer Erleichterung, ist es sofort raus aus dem System. Dann kommt auf beiden Seiten etwas zur Ruhe – vom Krieg zur Mitteilung der Zustände. Es geht darum, sich wirklich mitzuteilen. Von sich aus.
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Mit meiner Wut und meinem Hass angenommen, hat sie in mir wieder Raum. Diese Energie ist nicht dazu da, etwas zu zerstören, sondern uns zu schützen. Mich damit zum Ausdruck bringen – wenn ich das wieder zur Verfügung habe, es immer wieder und so lange mache, bis keine Scham, kein Schuldgefühl mehr kommen, löst sich das recht schnell auf. Dann habe ich diese Energie wieder zur Verfügung wie einen Begleiter, der nebenherläuft. Wenn wirklich was von Außen kommt, wo es mir nicht darum geht die Beziehung zu verbessern, kann ich mich zur Wehr setzen. Auch dafür, dass Übergriffe und Grenzüberschreitungen gar nicht mehr erst stattfinden, ist es wichtig dass ich diese Energie in meinem System habe.
In einer Beziehung ist das ehrliche Mitteilen, dass man Wut auf den Anderen hat oder dass man den Anderen sogar hasst, eine ganz hohe Form von Liebe und Nähe, da trennt sich nichts. Wenn ich jemandem sagen kann Ich hasse dich ist das ein ganz wertvolles Maß an Nähe, da entsteht überhaupt kein Schaden; da heilt was! Das ist wirklich Heilung, wenn was zwischen Menschen so mitgeteilt werden kann ohne Ladung, dann bedeutet das Heilung.
Wenn Du es machst so wie beschrieben, wirst Du eine Transformation erleben – weil dann ins Fließen kommt, was festgehalten wurde.